Medizinisches | |
Eine Apotheke für
Burg im Spreewald
Oder: Vom sprunghaften Aufschwung der Wohlhabenheit seiner
Einwohner
Zu arm, zu verstreut und zu
gesund Um die Mitte des 19.
Jahrhunderts hatten die drei Burger Gemeinden eine Einwohnerzahl von
reichlich 4000 Seelen erreicht. Das waren etwa 42 Prozent der knapp 10
000 im Einzugsgebiet lebenden Einwohner. Welches Einzugsgebiet? Laut
eines Ministerialerlasses der Preußischen Regierung aus dem Jahre 1840
hatte der Landrat unter Hinzuziehung seines Kreisphysikus – heute der
Kreisarzt – der Regierung vor Genehmigung einer Apotheke ein Gutachten
über die Bevölkerung der Ortschaften vorzulegen, die sich innerhalb
einer Mittellinie zwischen dem Neuansiedlungsort und den umliegenden
schon Apotheken führenden Orten befanden und zwar nach Zahl und
Steueraufkommen. Der
„Nahrungsstand“
der bestehenden Apotheken dürfe nicht gefährdet werden, und in dünn
besiedelten Gegenden wurde ein Einwohnerrichtwert von 10 000 vorgegeben.[1]
Überzeugt von seiner guten Absicht und von dem diesbezüglichen Wunsch
und Bedürfnis der Burger Einwohnerschaft sowie ausgestattet mit
Approbation und Zeugnis seines Lehrherren Apotheker Runge aus Drossen
(heute Osno Lubuskie) stellte der Apotheker erster Klasse R. Jordan am
10. Dezember 1849 an die Frankfurter Regierung den Antrag zur Anlage
einer Apotheke in Burg, Cottbuser Kreis. Der Dienstweg führte das
Anliegen an den Landrat von Schönfeldt und seinen Kreisphysikus Dr.
Johann Rudolph in Cottbus. Letzterem oblag nun, die Sache zu
begutachten. Zunächst konnte er auf die Volkszählungen von 1829 und 1849
zurückgreifen. Die Einwohner innerhalb der „Mittellinie“, die Dörfer
Burg-Dorf, Burg-Kauper, Burg-Kolonie, Baabow, Brahmow, Briesen, Fehrow,
Guhrow, Müschen, Ruben, Saccassne-Colonie, Schmogrow und Werben sowie
aus dem Calauer Kreise Naundorf und Leipe waren von 7240 auf 9567 Seelen
angewachsen. Die Entfernungen zu den nächsten Apotheken in Cottbus (2 ½
Meilen), Vetschau (1 Meile) und Lübbenau (1 ¾ Meile) waren reichlich für
damalige Verhältnisse. Gute Ausgangslage – weit gefehlt:
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Dieser Text
ist erschienen in: Niederlausitzer Studien, Heft 39, 2013 |
Wehmütter im Spreewald
… wenn ein neuer Erdenbürger das Licht der Welt erblickte Wenn die Wehen einsetzen, ist heute schnell ein Auto organisiert, das die werdende Mutter in die Klinik oder in ein Geburtshaus bringt. Nur noch selten werden Kinder zu Hause entbunden, wie es vor einigen Jahrzehnten noch die Regel war. Aber wie ehedem gehört eine fachkundige Frau dazu, die Mutter und Kind zur Seite steht. Wehmutter oder Bademutter wurden sie einst auch genannt. Das Wort Hebamme stammt vom althochdeutschen Hev(i)anna, was soviel heißt wie „Ahnin/Großmutter, die das Neugeborene aufhebt/hält“ (Wikipedia). So nennt man sie auch im Niedersorbischen/Wendischen die babka. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren sie in unseren Lausitzer Dörfern, so auch im Spreewald, nahezu die einzigen, die den Frauen bei ihren vielen Geburten mit medizinischen Kenntnissen zur Seite standen, oft Erstaunliches zuwege brachten, aber ebenso oft „nichts mehr machen konnten“. Ärzte siedelten sich noch fast ausschließlich in Städten wie Cottbus, Vetschau oder Lübbenau an, wenige Ausnahmen gab es in Straupitz, vorübergehend in Werben oder mit dem aus Vetschau nach Brahmow verzogenen Wundarzt Netsch. Über den 1820 aus Friedland mit seiner Frau Johanna nach Burg zugezogenen Arzt Immanuel Christ berichtete der Kreisphysikus Dr. Johannes Rudolph zu Beginn des Jahres 1850, dass „der im verflossenen Jahre gestorbene Wundarzt Christ daselbst meist vom Erwerbe seiner, als geschickte Hebamme gesuchten Ehefrau [lebte]“, da die „Wohlhabenheit der Einwohner“ offensichtlich nicht ausreichte, eine Arztstelle dauerhaft zu tragen. Etwa um die 50 Hebammen wurden seit 1843 im Cottbuser Kreise in den Gesundheitsberichten an die Königliche Regierung in Frankfurt a/O aufgeführt. Auf die Spreewaldorte des Cottbuser Kreises entfielen zwischen 15 und 20 Frauen, die zum Teil bis zu vier Dörfer betreuten ... weiterlesen © Edeltraud Radochla 2014 |
Dieser Text
ist erschienen in: Stog - Der Schober 2014, Seite 67-70 |