Schulisches
Lehrer Post neben Bismarck
Vor 200 Jahren gab es ein staatliches Schulwesen noch nicht. Dennoch gab es auch in den Dörfern zwischen Cottbus und dem Spreewald Schulen für die Grundausbildung der Kinder. Meistenteils war es der zweite Mann in der Ortskirche, der Küster, welcher den Unterricht durchführte. Dörfer die keine eigene Kirche besaßen, schickten ihre Kinder in das Kirchdorf oder engagierten einen eigenen Lehrer, der für seinen Unterricht Schulgeld erhielt. Laut
"Schul-Catalogus" von 1786 erhielt der "Schulhalter" in Müschen sechs
Reichstaler im Jahr. Im Hauptberuf war er Schneider, ein landloser
Häusler, der sich durch den Unterricht Zubrot verschaffte. In Brahmow
unterrichtete
zu dieser Zeit der Radmacher Kallosche
und in Ruben ebenfalls ein Schneider, Cahlow mit Namen. Als Schulstube
diente die "Werkstatt" oder Wohnung des Lehrers oder man zog von Gehöft
zu Gehöft, unterrichtete in Gasthäusern oder Scheunen. Das Dorf Ruben
erhielt sein erstes Schulhaus im Jahre 1816 – ein Gebäude, das heute
noch Wohnhaus genutzt wird. Die Schulhalter und Lehrer standen unter der
Aufsicht des Pfarrers als Ortsschulinspektor für die Schulen in der
Parochie. Auch der adlige Kirchenpatron nahm Einfluss. Für Müschen war
es damals der Rittmeister von Pannwitz, für Brahmow Frau Obristin von
Kothwitz. Winters wurde in den genannten Orten von 8 bis
11 Uhr und dann weiter von 12 bis 15 Uhr unterrichtet. Die Schulen waren
so klein, wie die Dörfer. Zwölf Knaben und vier Mädchen
unterschiedlicher Jahrgänge, es gab keine Klassenstufen, nahmen in
Müschen bei der Visitation 1786 am Unterricht teil. Zwölf Schüler
konnten lesen und schreiben, vier buchstabieren. Auf die vorgegeben
Visitationsfrage: Zu welcher Zeit, und wieviel Stunden des Tages im
Sommer Schule gehalten werde, erscheint in unseren Dörfern regelmäßig
eine Antwort: "Ist keine gehalten worden, weil keine Kinder geschickt
werden". In den größeren Dörfern gab es mehrere Schulen.
1821 besaß Burg sechs von der Gemeinde anerkannte Schulen: Nr.1 die
Schule des Küsters, Nr. 2 die Schule des Organisten, Nr. 3 die Schule
des George Lehmann, Nr. 4 des Gottfried Lehmann, Nr. 5 des Martin Dahley
und Nr. 6 die Schule des Martin Quitz. Kossäten und Büdner waren die
vier letztgenannten Schulhalter im Hauptberuf. Die Schule des Küsters wurde später die 1.
Dorfschule zu Burg-Dorf. Als Nachfolger seines Vaters Martin
unterrichtete hier 52 Jahre lang, ab 1834, der Küster und Lehrer Johann
Christian Post. Als er 1886 in den Ruhestand ging, stand er im 76
Lebensjahr und war schon längst nicht mehr in der Lage, ordentlichen
Unterricht durchzuführen. Die Schulchronik notiert dazu: "Der Unterricht
war für den Lehrer eine Qual, für die Schüler, die allerlei Allotrie mit
dem alten, schon etwas kindisch gewordenen und schwerhörigen [er war
wohl schon fast taub] Herrn trieben, ein Großvergnügen." Was bewog den unverheirateten Lehrer Post in
diesem Alter noch zu arbeiten? Der Schulchronist glaubt die Antwort im
Charakter des Lehrers gefunden zu haben und bezeichnete ihn zwar als
gutmütig und freundlich zu jedermann, aber auch als sehr geizig und nach
dem Gelde gehend. Dieser "Geiz verleitete ihn zu mancherlei
Nebenbeschäftigungen, die seiner Stellung nicht angemessen waren…" und
machte ihn aber auch weltberühmt. Nach Aussage des Heimatforschers Ernst
von Schönfeldt versäumte es kein Spreewaldreisender, ihn kennen zu
lernen. Sogar die New Yorker Zeitschrift "Harpes Magazine" brachte ein
Foto von ihm und versicherte ihren Lesern, dass mit Ausnahme des Fürsten
Bismarck wenige Leute in Europa so viele Interessen in ihrem Amte zu
vertreten hätten, als der Küster Post in Burg.
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Schul-Catalogus von 1876 Erste Schule in Ruben 1826-1926 |
Als der Lehrer noch Wendisch können
musste Schulhaus Ruben – 11. Juli 1901 Was hatte der junge Referendar mit sich gerungen: Sollte er es wagen, nach kaum vier Monate währender Anstellung sich wegen seines Schulamtes an das Hohe Königliche Ministerium für Kirchen- und Schulangelegenheiten in Frankfurt zu wenden? Mit dem Pfarrer und Ortsschulinspektor Kruschwitz in Werben hatte er vorher gesprochen. Auch der gab ihm kaum eine Chance, in Ruben festen Fuß und Ansehen zu finden, wie es sich für einen Lehrer gehört. Wollte er dies überhaupt – in diesem Dörflein, wo man sich mit den Leuten kaum verständigen konnte? Abgeschnitten vom Leben, wie er es aus Cottbus und Sorau kannte. Entschlossen begann er in sauberer, exakter Schreibschrift auf ausgesuchtem, besonders weißem Papier sein Gesuch zu formulieren: An die Königliche Regierung, Abt. für Kirchen- und Schulwesen … Patsch! Vor Aufregung war er an die federführende rechte Hand gestoßen. Wütend über sich selbst, das teure Papier mit einem Tintenfleck verdorben zu haben, knüllte er es zusammen und schleuderte es in die Ofenecke. Der aufgeregte Schulamtsbewerber hieß Otto Schulze. Schulze! Ein Allerweltsname. Aber Otto! Das kommt von Otto dem Großen, dem Kaiser. Und Großes wollte auch Otto Schulze erreichen. Aber das war in diesem Nest nicht möglich. Otto Schulze, der kleine Schulamtsbewerber, begann aufs Neue seinen Brief an die hohe Behörde: Seit dem 15. April dieses Jahres habe ich die Lehrerstelle in Ruben b. Burg (Spreewald) inne. Da hier fast nur wendisch gesprochen wird, so sind mir in der Schule sprachliche Schwierigkeiten entgegengetreten, denn der wendischen Sprache bin ich nicht mächtig. Besonders schwierig würde sich aber für mich der Unterricht zu Oktober gestalten, da hier die schulpflichtigen Kinder zu Oktober eingeschult werden, und ich weiß nicht, wie ich mich mit ihnen verständigen könnte. Auch bekomme ich hier im Orte kein Mittagbrot. Da ich allein bin, so bin ich gezwungen, jeden Mittag eine halbe Stunde nach dem benachbarten Orte Werben zu gehen. Jetzt ist es mir noch möglich, aber im Winter bei schlechtem Wetter und schlechtem Wege werde ich wohl nicht dorthin gehen können. Darum möchte ich eine Hochlöbliche Königliche Regierung zu Frankfurt ganz ergebenst bitten, ob es nicht möglich wäre, daß ich eine dritte Lehrerstelle an einer deutschen Schule erhalten könnte. Gehorsamst Otto Schulze, Schulamtsbew. Ruben b. Burg (Spreewald) weiterlesen |
Stog - Der Schober 2005, Seite 66-69 |